Die Spinnerinnen kommen

Gerade neu im Sanddorn-Verlag erschienen: Band 1.

Puhhh! Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll. Ich möchte dir von einem Buch erzählen und noch viel lieber möchte ich dir von Menschen erzählen, deren Erfahrungen, Wünsche, Träume und Reisen dir in diesem Buch begegnen werden und am allerliebsten möchte ich dir von Annette erzählen, einem der verrücktesten Weibsbilder, dem ich je begegnet bin. Verrückt im Sinne von geradlinig und wahrhaftig: schön, wild, weise, bienenfleißig und zuverlässig. Ohne Annette gäbe es das Buch nicht, von dem ich dir heute erzählen möchte. Anders: Weil es Annette gibt, gibt es seit letztem Vollmond ein Buch mehr in der reichen Weltenbibliothek. Und weil es das Buch gibt, schreibe ich diese Zeilen, die du jetzt liest. Und weil du meine Zeilen liest, wird etwas geschehen. Du wirst sehen. Die Geschichte geht nämlich weiter. Sie kann gar nicht enden, weil alles miteinander verwoben ist. Genau davon kündet dieses Buch. Es heißt: Die Spinner:innen. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, ein Netzt voller Geschichten und Bilder. Ich verspreche dir: Wenn du eintauchst, wirst du bezaubert, belesen, bewundert und beseelt. Klingt dir zu abgehoben? Ok, warte, dann lass mich dir zunächst etwas zu Annette erzählen. Etwas, das sicher gut erdet.

Annette und ich haben uns per „Zufall“ kennengelernt. So hieß ein Magazin, das Wirtschaft und Spiritualität zu verbinden sich zur Aufgabe gemacht hatte. Ich leitete das Autorenteam, Annette war unsere Grafikerin. Das war 2012. Ein Jahr später gingen wir gemeinsam auf Wanderschaft. Wir trafen uns auf einer Alm im Kleinwalsertal mit anderen Gleichgesinnten zu einem Seminar. Naturverbundenheit, Körperarbeit, Satsang und gemeinsames Kochen standen im Mittelpunkt. Die Woche stand übrigens streng unter dem Motto: Go vegan! Und so erinnere ich mich, dass wir eines Nachmittags nach mehrstündiger Bergwanderung eine Rast einlegten, mit 20 Leuten in eine Berghütte einfielen, sich alle über Kräutertee und Gemüsesuppe hermachten und Annette erstmal heiße Würstchen mit Senf bestellte.

Nein, Angepasstsein ist nicht ihr’s. Sie nennt es „das Monster“. Ebenso die Erwartung an andere, die oft unausgesprochen bleibt, unterschwellig wirkt und manipuliert. „Das ist Gift!“, sagt die wilde schöne Geschichtenerzählerin  mit den riesigen Adler-Schwingen als Tattoo über ihrem Herzen. Fragst du sie danach, antwortet Annette mit einem Lied: Fly…

„Mit dieser Melodie bekommt mein Adler auf der Brust seine Flügel“, summt Annette . In einem Hotel in Istanbul sind die beiden 1978 buchstäblich schon einmal rausgeflogen. Ist lange her. Damals waren Tattoos, gerade bei Frauen, noch `ne harte Nummer.

„Aber das war mir scheiß egal“, erinnert sie sich. „Ich lieb meinen Adler! Der trägt mich! Und er hat `ne saumäßige Kraft!“

Annette webt und filzt auch individuelle Geschichten-Tücher.

Die pulsiert auch in Annette. Eine kraftvolle Mischung aus immer währendem Forschergeist, dem Willen zum Tun, schonungsloser Offenheit, Gauklerei und Spielfreude. Die Liebe zu ihren beiden Hunden, zu Bäumen, Steinen, Bergen, Seen, Sonne, Mond und ihrer roten Clownsnase ist ihre Medizin. Trägt Annette ihr weites Herz auf der Zunge, kann’s schon mal herzhaft rotzig werden. Für Scheinheiligkeit hat sie nur eines übrig: Verachtung.

Hier kommt mir eine weitere amüsante Erinnerung in den Sinn. Hin und wieder gab es auf unseren Wanderungen Menschen, die meinten, mit Feen und Elfen in Kontakt zu sein. Annette rollte dann gern mal mit ihren braunen Augen. Heute schmunzelt sie darüber. „Ja, ich hatte so etwas wie eine Engel-Allergie“, gibt sie lachend zu. „Ich entschuldige mich ganz offiziell bei allen Engeln, Feen und Elfen. Der Kontakt zum kleinen Volk ist eine sehr kostbare Sache.“

Mit einem Seminar auf Schloss Glarisegg  beginnen sich 2018 die Segel in Annettes Leben nochmal neu auszurichten. Wenige Monate später sitzt sie mit 30 anderen Frauen bei Susann Belz am Feuer, besucht vier Jahre deren Schule „Woman and Earth“.

Geschichtensammlerin mit Schweinskopf-Baumscheibe.

„Der Kreis ist die Lehrerin!“, lernt sie bei der bekannten Schamanin. Diese intensive Heil- und Bewusstseinsreise wirbelt vieles auf. Jetzt beginnen auch ihre Spirits verstärkt zu ihr zu sprechen. Annette trommelt, singt, filzt, feuert, flammt, schreit, lacht, weint, sucht und findet. „In vielen meiner Reisen mit der Absicht, zu erforschen, was meine Seelenaufgabe ist, bekam ich als Antwort, ich solle einen Ritualplatz richten, ein großes Netz spinnen. Ich richtete und schmückte einen Platz in meinem Garten, ich spann und webte ein großes Netz über den Platz, aber meine Spirits wollten mehr.“

Die Idee zu einer eigenen Internetseite nistete sich in ihrem (Sp)-Inneren ein. Als Gestalterin für Print und Webdesign schlug dazu ihr Herz selbstbewusst und immer wilder. „Außerdem hatte ich große Lust, Menschen und ihre Schätze zusammenzuführen. Nur Miteinander kann etwas Neues entstehen.“ Das war die Vision. (Einen eigenen Verlag hatte sie bereits 2009 mit ihrem Mann Peter Indergand gegründet.)

So entstand das Spinnerinnen-Netzwerk. Schau mal hier: http://www.spinnerinnen.ch

Ich erinnere mich noch gut an die helle Freude meiner Freundin zur Wintersonnenwende 2020. Am 21. Dezember ging Annettes Web-Seite begleitet von einer einmaligen Jupiter-Saturn-Konjunktion, Lagerfeuer und Trommelschlägen feierlich an den Start. Bei der Taufe (damals nur online möglich) waren Menschen aus Deutschland und der Schweiz dabei. Seither wächst diese Plattform, bietet Raum für Austausch, altes und neues Wissen, Seelennahrung, Heilendes, Schräges, Kunst, Handwerk, Naturverbundenes, Kreatives.

Und vor wenigen Tagen nun eine erneute Geburt. Das Weltenlicht fällt auf ein Buch: blutrot und leuchtend sein Einband. Damit nicht zu übersehen. Das Bild auf dem Cover erinnert an Schoßkraft, Wildheit, heilige Geometrie, Instinkt, Feuer und Anderswelt. Viele Begebenheiten, Zufälle und Synchronizitäten haben dabei der Künstlerin Brigitte Meßmer in die Hände gespielt. Das Bild spricht Bände. In Band 1 haben zunächst sechszehn Spinner:innen ihre Geschichten eingewebt: Heilerinnen, Botschafterinnen, Königinnen, Amazonen, Mütter, Töchter, Geliebte. Fünfzehn Frauen und ein Mann.

Ursula Walser-Biffiger schreibt in ihrem Klappentext: „Schräg, unkonventionell und undogmatisch, sachlich und humorvoll, leichtfüßig und tiefsinnig öffnen sich auch Themen wie Sexualität und das Mysterium der Seele. Da geht es sowohl um das Ureigene als auch um das Große Ganze. Auch darum geht es in diesem Buch: Werden und Vergehen, Aufbruch und Innehalten, Fülle und Leere, Licht und Dunkelheit. Dieser jahreszeitliche Rhythmus ist ein Spiegel für unseren eigenen Lebensweg – im Äußeren wie auch im Inneren. Die Natur ist unsere beste Lehrmeisterin und wir erfahren: mit Wurzelkraft kann Vertrauen gewonnen, können lebensbejahende Perspektiven entwickelt und im Alltag umgesetzt werden.“

Ich mag das Buch. Es liegt seit Stunden in meinem Schoß. Manchmal streichel ich seine Seiten, bin berührt und lächele. Sein Lesebändchen wandert wie ein roter Faden durch die Seiten. Es sind auch die verschiedenen Seiten meiner Seele.

Ja, ich empfehle es von Herzen. Vor allem euch, meinen mutigen irdischen Schwestern!

Es wird euch erinnern. Die Reise hat längst begonnen. Weben wir ein großes Netz. Eines, das trägt.

Buchbestellung über http://www.sanddorn-verlag.ch

Zauberland ist abgebrannt…

Offener Liebe(s)brief an Thorsten Merten


Lieber Thorsten Merten,

dies ist ein offener Liebe(s)brief an dich. Stellvertretend. Symbolisch.

Als ich dich jüngst sah, in einer riesigen Villa, schienst du so weit weg. So distanziert. Schade. Dennoch musste ich herzhaft lachen.
Vielen ist das Lachen in diesem Land abhanden gekommen. Sogar der Humor, der ja bekanntermaßen auch da beginnt, wo der Spaß endet. Gefühlt wird alles immer enger, obwohl die meisten doch brav Abstand halten.

Jedenfalls: Danke, dass du bei der Künstleraktion #allesdichtmachen #niewiederaufmachen #lockdownfürimmer​ mitgemacht hast.

Mein erster Gedanke war: „Endlich!“

Lieber Thorsten, ich schreibe dir, weil ich dir schon oft begegnet bin. Leibhaftig. Wir sind verbunden. In erzähl‘ einfach mal:

In der Theaterklause im Schweriner Staatstheater hast du einmal ganz dicht neben mir gestanden. Ich trank schwarzen Tee und hab vor „lauter Schreck“, dir so nah zu kommen, mit Sicherheit irgendwas Konfuses in mein Notizbuch geschrieben. Meine Tochter Caroline war auch dabei. Ihretwegen haben wir uns damals immer in die Klause geschlichen, sind über den Künstlereingang irgendeinem Musiker mit schwerem Gepäck hinterher. Meine Tochter war theaterbesessen, musst du wissen. Dafür hat sie schon mit 12 Jahren alles stehen und liegen lassen. Eure Matinee „MfG“ im E-Werk hat sie wohl sechs oder sieben Mal besucht. Die Musik-CD dazu hat sie noch. Sie war damals 13.
Wir haben dich als Randle Mc. Murphy in „ Einer flog über das Kuckucksnest“ beklatscht, in „Sonnenallee“ (Beitragsbild) gefeiert und bei deinem Konzert zusammen mit dem großartigen John Carlson glühte nicht nur mein Herz. Ich weiß, du magst Rio Reiser sehr. Und keiner kann ihn so authentisch interpretieren. Es bleibt unvergesslich. „Zauberland ist abgebrannt….“

Jahrelang waren wir bei jeder Premiere dabei, bei jeder. Wir haben die Inszenierungen von Peter Dehler geliebt, gefeiert, analysiert, genossen, geatmet. Wir kannten damals jeden im Ensemble: Katrin Huke, Jörg Zirnstein, Markus Wünsch, Jochen Fahr…. Ich kann gar nicht alle aufzählen. Für manche hatten wir Spitznamen. Du warst für uns immer „Thorsti“, der „mit dem Schnuffeltuch“. Das hat mit der Inszenierung „Solo Sunny“ zu tun. Irgendwie hattest du da so ein Tröste-Tuch…. ??? Ich sehe die Szene noch. Genaueres hab ich vergessen. Herrgott, du hast uns so leid getan, weil Sunny deine Liebe nicht erwidert und dir die Rosen vor die Füße geworfen hat. Weißt du noch? Caro und ich haben uns im Zuschauerraum zugeflüstert, dass du nicht traurig sein musst, wir würden dich beide nehmen. Grins! Tja, so läuft das manchmal im Publikum.
Tatsächlich war das Staatstheater Schwerin damals ein wahrhaftiges Stück Heimat für uns. Sinnbildlich. Ich kann diese Abende noch immer fühlen: die Aufregung im Vorfeld (Parkplatz suchen), die Stufen zum Eingang, die schweren Türen, das Stimmengewirr im Foyer, das kleine Theaterlädchen, kühler Martini in der Pause, das Klingeln, der Vorhang. Balsam für Geist und Seele, schon lange bevor das Stück überhaupt angefangen hatte. Auch erinnere ich das Ruckeln der Stuhl-Konstruktionen im rustikalen E-Werk, wenn man in die oberen Reihen balancierte. Dort war freie Platzwahl und man musste schnell sein. Wir haben gern ganz vorn gesessen – je näher, desto besser. Jetzt, da ich so zurückschaue, kann ich mich sogar noch an die älteren Damen erinnern, die die Karten abrissen. Irgendwie waren die immer sehr streng. Alles musste seine Ordnung haben beim Einlass.  Manchmal machten sie auch einen Witz, der so witzig gar nicht war. Aber weil sie ja sonst immer so streng waren, war es sehr lustig. Und es versprach dann schon am Eingang ein besonderer Abend zu werden. Tja, das ist lange her: 2003, 2004…. In einem Land vor unserer Zeit.
Und doch wirkt es bis heute.

Lieber Thorsten Merten, du hast sicher keine Ahnung, wer ich bin – oder meine Tochter. Die ist heute übrigens 31 und freischaffende Filmemacherin in Berlin. Fast würde ich meine Hand ins Feuer legen, dass sie nicht wäre, was sie ist, nämlich Künstlerin, wenn es dich, Peter Dehler, das Theater und viele andere Kulturschaffende nicht gäbe.

Kunst und Kultur sind Lebenselixier.
Es wirkt unmittelbar, bewusst, unbewusst und nachhaltig. Nicht zwanghaft für jeden. Das ist nicht meine Behauptung.
Doch um als wahrhaftige Menschen unser Haupt zu heben, brauchen wir Inspiration und Begleitung.
Sich geistreiche Räume zu erobern – ob in der Musik, im Schauspiel, in der Malerei, im Tanz, in der Dichtung oder Bildhauerei – kann Wunder wirken. Natürlich bleibt es eine persönliche Entscheidung, Kunst und Kultur(volles) zu mögen und zu unterstützen. Doch der Möglichkeiten und ihres freien Ausdrucks dürfen wir uns nicht berauben lassen. Niemals. Never. Nein.

Lieber Thorsten Merten, schön, dass es dich gibt. Danke. Auch dafür, dass du dich einreihst in den Kreis derer, die sich nicht nehmen lassen, was sie sind oder künftig werden wollen: Offen. Mutig. Frei.

Grüße und Dank an die vielen anderen.

Habe die Ehre

Ina


Foto: Rolf Ahlborn

Dankbarkeit

Gerade fühle ich eine machtvolle berührende Dankbarkeit. Das Leben ist ein Mysterium. Ich bin so dankbar für seine Höhen und Tiefen und für die Menschen, die meinen Weg weiten, durchlichten, verdunkeln, verengen, enttäuschen, bereichern, nähren und begleiten. Jeder ist wertvoll. Dankbar bin ich vor allem für meine Freunde. Jene, die mir sehr sehr nah sind und jene, die immer mal wieder zum richtigen Zeitpunkt in meinem Leben auf- und wieder abtauchen, wenn ich sie rufe… oder auch nicht. Ich erkenne die Vollkommenheit. Auch wenn ich diese Sicht nicht halten kann, alles fließt… Gerade jetzt, im Raum der Dankbarkeit, ist auch die Unvollkommenheit wundervoll. Danke, an jene, die mit mir immer wieder um Werte ringen, laut und leise – die sich nicht scheuen, Fehler zu machen und sie auch zugeben können. Großartige Menschen machen großartige Fehler, die uns und anderen ermöglichen zu wachsen, zu lernen und zu verzeihen. Danke an jene, die mit mir über Wellen surfen, steile Kurven nehmen, die mit mir witzeln und lachen, 2016-01-28 19.54.39verzweifeln, weinen, fallen, wieder aufstehen… die mich halten und mich halten lassen. Mensch, der du an meiner Seite dieses unglaubliche Leben atmest… Ich verneige mich vor dir! WIR sind hier und jetzt. 

Ein Kühlschrankwitz für Flüchtlinge

Ich gebe Deutschunterricht für Flüchtlinge. In meiner Gruppe sind Menschen aus Syrien, Somalia, Afghanistan und aus der Ukraine. Wir treffen uns schon einige Wochen in Beckerwitz. Um das Ganze aufzulockern, kam mir am Ende der heutigen Doppelstunde die Idee: Ich erzähle einen Witz! Völkerverständigung braucht schließlich Humor. Und mit Spaß an der Freude lernt es sich doch gleich viel leichter.
Gesagt, getan.
Schlappe fünf Minuten brauche ich, um überhaupt den Begriff zu klären: „Witz….
W; I; T; Z“, buchstabiere ich das Wort mehrmals.
„Hahhaha! Versteht ihr??!“, starte ich meine mehr oder weniger pantomimische Einleitung. Dazu kraule ich mich demonstrativ mit der rechten Hand unterm linken Arm. Symbolisch. Ist als Geste irgendwie so drin. Die Gruppe guckt und bleibt seltsam skeptisch, was – das könnt ihr mir glauben – die Vorbereitungen desjenigen, der sogleich einen Witz erzählen möchte, nicht unbedingt erleichtert. Die ungünstigen Ausgangsbedingungen meines Wagnisses werden mir bewusst. Und noch bevor ich meinen eigentlichen Gag überhaupt loslasse, denke ich: „Puhh! Vielleicht doch keine so gute Idee.“
Doch der Wagen rollt. Alle schauen konzentriert, manche kneifen die Augen, beobachteten meine Bemühungen und wollten die neue Lektion unbedingt kapieren.  Ich wiederholte mein Anliegen in Zeitlupensprache: „Nochmaaaal: Wisst ihr…., w-a-s
e-i-n W-i-t-z -i-s-t? Ein Joooke?! ….la-la-lachen!“ Dabei ziehe ich nun zur besseren Anschauung beide Mundwinkel mit den Zeigefingern links und rechts nach oben.
Bei Oksana fällt zuerst der Groschen und zumindest ihren Landsleuten aus der Ukraine übersetzt sie, was ich vorhabe. „Ahhhh! Wiiiitz. Gut….“, gibt mir zumindest die russisch sprechende Schülerfront nun aufmunterndes Feedback. Meinen Freunden aus Afghanistan hingegen ist es deutlich anzusehen: Sie haben nach wie vor keinen Schimmer, was ich im Schilde führe. Jetzt quält mich der Gedanke: Oh mein Gott, vielleicht gibt es anderswo auf der Welt gar keinen Witze-Humor? Die verstehen nur Bahnhof.
Nassan aus Syrien guckt wie immer mir großen Kulleraugen auf die Bewegungen meines Mundes. „Wwwizz“, wiederholt er brav. Mir bricht der Schweiß aus. Das Abenteuer ist eindeutig verfrüht. Da habe ich mich ja in etwas reinmanövriert. Egal.
Ich hatte mich entschieden für: „Zwei Kühlschränke gehen durch den Wald. Sagt der eine Kühlschrank zum anderen: Du, lass mich mal in die Mitte.“
Kurz, prägnant, einfach. Das Wort Kühlschrank ist meinen Schülern nicht neu. In einer der letzten Lektionen hatten sie das Bild eines Kühlschrankes im Vorlagenheft „ausgemalt“ und damit erste Bekanntschaft mit dem Wort aus der deutschen Küche geschlossen.
Was soll’s. Ich erzähle nun also laut und deutlich und im ersten Sprachgang meinen Kühlschrankwitz. Wie zu erwarten: Keine Reaktion. Stirnen falten sich mir entgegen. Himmel, was für eine komische Situation! Nein, ich kann und will das Projekt nicht abbrechen. Vielmehr bitte ich Sarah zu mir nach vorn und erkläre, indem ich mir mit dem Zeigefinger immer wieder vor die eigene Brust klopfe: „Ich bin ein Kühlschrank.“ Dann zeige ich auf Sarah und verkünde: „Du bist auch ein Kühlschrank.“ Sarah guckt daraufhin eher wie ein Auto. Ich bleibe dabei: „Wir sind zwei Kühlschränke und gehen durch den Wald.“ Bei „Wald“ springe ich zurück zur Tafel und skizziere sekundenschnell drei Tannen. „Wald“, erkläre ich meine Zeichenkünste. Wieder zurück bei Sarah, nehme ich sie an die Hand und setzte erneut an: „Zwei Kühlschränke gehen durch den Wald.“ Dabei marschieren Sarah und ich nun demonstrativ durch das Klassenzimmer, sprich den „Wald“.
An dieser Stelle habe ich erstmals den Eindruck, dass die Geschichte irgendwie ankommt. Meine Schüler nicken zumindest. Das mit dem Wald und den Kühlschränken haben sie offenbar geschnallt. Ich gehe über zum zweiten Teil: „Ok… weiter…. sagt also der eine Kühlschrank zum anderen: Lass mich mal in die Mitte.“
„Mitte. Die Mitte.“ Auweija, ich kann es sehen. Kein Mensch außer mir, weiß, was das Wort Mitte bedeutet. Ich hole jetzt die kleine Nelia dazu. Sie ist sechs und begleitet ihre Eltern stets zum Unterricht. Nelia ist begeistert, dass sie mitmachen darf. Ihre kleine Hand liegt in meiner. Sarah und ich nehmen sie in unsere Mitte. Ich erkläre: „Nelia ist jetzt in der MITTE.“ Mein Auditorium nickt. Ich bin erleichtert. Heiliger Bimmbamm.
Schweißgebadet erzähle meinen Witz wohl vier oder fünf mal, immer in der Hoffnung, dass mal einer andeutungsweise auflacht. Nix. Stattdessen haben alle rote Ohren vor Anstrengung. Meine Schüler sind großartig, aufmerksam und geben sich wirklich alle Mühe.
Ich kann nicht mehr. Verzweifelt schaue ich Sarah irgendwann an und sage ganz normal: „Wenn nur zwei Kühlschränke durch den Wald gehen, kann keiner in der Mitte sein. Das ist der Witz, verstehst du.“
Daraufhin Sarah furztrocken und ohne auch nur eine Miene zu verziehen: „Ja, ich verstehen…. Ha Ha!“
„Sarah!“ Ich deute ihr lachend einen strengen Nasenstüber an, vor dem sie sich grinsend wegduckt.
Daraufhin liegt die Gruppe flach vor Lachen. Einer steckt den anderen an. Ich bin zwar fix und fertig, mir aber wenigstens wieder ganz sicher: Humor gibt es auf der ganzen Welt. Einen ohne viele Worte.

Vom Streiten

Gerade sprach ich mit Imad Ousaouri aus Agadir über die deutsche Sprache, Muslime, Integration, Frieden, die Araber, schönes Wetter, Kamele, Respekt, Gott, die Welt und Gewürze. Was man als neugierige Journalistin einen marokkanischen Landsmann halt alles so fragt. Mit einem Zwinkern will ich von dem 28-jährigen Nordafrikaner (er lebt seit letztem April in der Hansestadt Wismar) schließlich auch wissen, ob er denn auf deutsch auch schon streiten kann. Er lacht. Dann seine Antwort, die mich fasziniert…. 

Die Skizze von Imad.

Wort-Art: Skizze von Imad.

Imad sagt, dass Streit in jeder Sprache im Grunde ganz einfach ist. Dann nimmt er einen Skizzenblock, denkt kurz nach und zeichnet etwas. Imad vergleicht ein gutes Wort mit einem Backstein. „Schau“, sagt er. „Gute Worte sind wie Backsteine. Du kannst sie zusammensetzen, Schritt für Schritt… und zum Beispiel ein Haus daraus bauen. Das braucht Zeit und auch ein bisschen Anstrengung. Ein schlechtes Wort hingegen ist… wie sagt man…???“ (Imad malt… und wir einigen uns dann lachend auf „Abrissbirne“). „Genau“, sagt er. „Ein schlechtes Wort ist wie eine Abrissbirne. Nur ein (!) einziges Wort genügt, um ein ganzes Haus einstürzen zu lassen. Verstehst du? Das meine ich mit: Streiten ist leicht!“

Zitat

Fundstück

„Bis zum heutigen Tag gibt es so etwas wie eine unabhängige Presse in der Weltgeschichte nicht. Sie wissen es, und ich weiß es. Es gibt niemanden unter Ihnen, der es wagt, seine ehrliche Meinung zu schreiben, und wenn er es tut, weiß er im Voraus, daß sie nicht im Druck erscheint. Ich werde jede Woche dafür bezahlt, meine ehrliche Meinung aus der Zeitung herauszuhalten, bei der ich angestellt bin. Andere von Ihnen werden ähnlich bezahlt für ähnliche Dinge, und jeder von Ihnen, der so dumm wäre, seine ehrliche Meinung zu schreiben, stünde auf der Straße und müßte sich nach einem neuen Job umsehen. Wenn ich meine ehrliche Meinung in einer Ausgabe meiner Zeitung veröffentlichen würde, wäre ich meine Stellung innerhalb von 24 Stunden los. Es ist das Geschäft der Journalisten, die Wahrheit zu zerstören, unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammon zu lecken und das Land zu verkaufen für ihr tägliches Brot. Sie wissen es, und ich weiß, was es für eine Verrücktheit ist, auf eine unabhängige Presse anzustoßen. Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene. Wir sind die Hampelmänner, sie ziehen die Strippen und wir tanzen. Unsere Talente, unsere Fähigkeiten und unser ganzes Leben sind Eigentum anderer Menschen. Wir sind intellektuelle Prostituierte.“
(John Swinton in einer Rede von 1880, J. Swinton war Journalist, Publizist und u.a. Herausgeber der New York Times)

„Mönch und Krieger“

Es ist etliche Jahre her, dass mir mein Freund Manne Jürgens eines Tages „Die sadopoetischen Gesänge des Konstantin Amadeus Wecker“ schenkte. Ein triebhaftes Meisterwerk. „Zum Brüllen komisch!“, wie Manne sagen würde. Ja, Weckers erste Langspielplatte hat es in sich. Aus den Texten tropfen gleichermaßen Blut, Zärtlichkeit, Sperma und Wollust. Eine noch etwas verstellte Wecker-Stimme singt von abgeschnittenen Gliedern, onanierenden Clowns, faulem Fleisch und irrer Lust. Ein großartiger (Meilen)Stein des Anstoßes. Politisch unkorrekt, eigen, kunstvoll, gleichermaßen traurig wie unerträglich komisch. In diesem Spannungsfeld jedenfalls genoss und inhalierte ich die schrägen Lieder.
Ich liebte diese Scheibe! Auf Anhieb.
Ich bin Manne bis heute dankbar. Wäre er damals nicht mit der CD, großer Begeisterung und einem tiefen Grinsen im Gesicht bei mir aufgetaucht, ich hätte diese Lieder wohl nie zu Ohren bekommen.
Wochenlang wehte die poetische Sado-Mucke von morgens bis abends durch meine Wohnung. Den Songtext von mein „Linker Arm“ kann ich bis heute auswendig: „Ich habe meinen linken Arm in Packpapier gepackt und hab ihn nach Paris geschickt. Am 3. Mai zur Nacht hab ich ihn abgehackt, denn ich bin so verliebt. Es klebt noch nasses Blut dran, doch das stört mich nicht, das trocknet schnell und riecht auch ganz superb. Nonette freut sich sicher, denn ich glaube nicht, dass oft ein linker Arm versendet wird…“

Es war bis letzten Freitag die bisher intensivste Begegnung mit dem Künstler Konstantin Wecker. Eine weitere kommt jetzt dazu. Ohne Notenschlüssel. Diesmal mit dem Fokus auf perfide gesellschaftliche Zustände. Weniger poetisch.  Viel mehr rebellisch. Zeitgemäß.

„Mönch und Krieger“ heißt sein neuestes Buch, gerade bei der Verlagsgruppe Random House erschienen. Untertitel: „Auf der Suche nach einer Welt, die es noch nicht gibt“.

Freitag fiel es mir beim Stöbern in der Buchhandlung in die Hände. Und dort blieb es quasi haften. Sonntag Mittag, 48 Stunden später, klappte ich die 284 Seiten zu. Tief bewegt, berührt, bereichert – glücklich. Gott sei Dank passiert mir das bei Büchern öfter. Doch so oft nun auch wieder nicht.

„Mönch und Krieger“ ist ein faszinierendes Plädoyer für die Kraft der Utopie in einer Zeit, in der „uninspirierte Realpolitik“ jeden Aufbruch und Ausbruch aus dem Gewohnten erstickt. Ich habe beim Lesen gelacht und geschluchzt.  Immer wieder stieg ein vertrautes Herzklopfen in mir auf und das unbändige Verlangen, meinem Freund in der Küche ganze Passagen vorzulesen, weil …. derart guten Stoff allein zu verstoffwechseln, einfach wenig Sinn macht. Inspiration und Freude vervielfältigen sich beim Teilen.

Oh ja. Ich wünsche mir, dass dieses Buch – seine Lebendigkeit, Aufrichtigkeit und Weisheit – unter die Leute kommt.

Seine Essenz hat mich erreicht. Ich darf Abstand halten und erkenne mich gleichzeitig wieder. Das Phänomen der Dichotomien (Gegensätzlichkeiten, die doch eine Einheit bilden), wie sie Wecker in seinem Buch als durchlebte biografische Einsichten beschreibt, sind auch in meiner eigenen Persönlichkeit tief verankert. Ich bin widersprüchlich. Jeden Tag in meinem Leben. Ich kenne die Kriegerin in mir ebenso wie jenen Anteil, der die Waffen endlich niederstrecken möchte und sich nach der Stille und Abgeschiedenheit des Klosters sehnt. Ich bin Heilige, Hure, Sünderin, Heilerin und Herrscherin zugleich…. Ein Mensch eben.

Ich musste beim Lesen laut lachen, als Wecker seine (verbalen) Aggressionen beim Autofahren hinterm Lenkrad offenbarte. („Die blöde Sau soll endlich Platz machen!“) Und mir liefen die Tränen, als er an den unerschütterlichen Glauben, den Mut und die zärtliche Unbeugsamkeit von Sophie Scholl erinnerte.

Ich liebe die Größe und Reife, mit der Konstantin Wecker eigene Schatten benennt, anerkennt und schließlich umarmt. Auch die des Welten-Egos. Ein bekennender Pazifist, der dem „inneren Faschisten“, diesem perfiden Abbild eines Kriegers, in der Rolle eines Nazis in einem wunderbaren antifaschistischen Film auf den Grund gehen konnte. Und offen darüber schreibt… Das nenne ich innere Arbeit, Ent-Wicklung, Wandlung und tatsächliche Transformation. Dem Wort einen solchen Menschen, der den immer währenden Prozess erkannt hat und ehrt, mag ich vertrauen.
Schriftsteller und Psychologe Arno Gruen, ein Vertrauter an der Seite von Konstantin Wecker, schreibt zu „Mönch und Krieger“:

„Eine außergewöhnliche Biografie, der es gelingt, mit unserem Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen ins Reine zu kommen. Ein mutiges Buch, das Mut macht, die Wahrheit zu wagen.“

Es gibt kaum etwas, worüber sich Wecker in seinem Buch nicht äußert: Spiritualität, Politik, Drogen, Gewohnheiten, Ängste, Demokratie, Ernährung… Dabei nimmt Tausendsassa Wecker eine aufrichtige Haltung ein, bezieht Position (trotz mancher Zweifel) und lässt seinen Leser gleichzeitig frei. Die Kraft der Demut.

Wecker bleibt immer persönlich, ganz bei sich, bedient sich für Seelenbilder, Kulissen und Symbole dabei jedoch dankbar und zurückhaltend ebenso bei Hölderlin, Goethe, Steiner, Bonhoeffer, Meister Eckhard, Arno Gruen und anderen.

Ich habe viele Zitate aus dem Buch mit Bleistift in meinem Notitzbuch notiert.
Hier eines meiner Lieblingszitate zum Schluss:

„Ich bin auf der Seite des menschlichen und nicht auf der Seite des politischen Denkens.“
(Hermann Hesse)

Aus meiner Sicht ist „Mönch und Krieger“ ganz in diesem tiefen und höchsten Sinne geschrieben.
Danke, Konstatin Wecker!

 

Grüne Rabbis

Glaube, Schöpfung, Umweltschutz.

Eine Millionen Israelis essen kein Fleisch. Das Land hat nach Indien die meisten Vegetarier, relativ gesehen. Eine von acht Millionen – oder genauer gesagt: Acht Prozent der Israelis leben vegetarisch, fünf Prozent vegan. Eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise ist nicht 100 Prozent koscher – etwa mit Blick auf Insekten im Salat oder im Gemüse. Dennoch gibt es Parallelen.
Doch auch wenn weltweit immer mehr Rabbiner-Stimmen lauter werden, die für den Verzicht auf Fleisch plädieren, gibt es in der Orthodoxie vermehrt massive Opposition. Vor allem bei jenen, die Kosher-Zertifikate erteilen und davon profitieren. Es gibt deshalb große Widerstände gegen den Verzicht auf Fleisch, weil das die Kashrut-Industrie unterwandert. (Die Kashrut sind die jüdischen Speisegesetze.) Es geht dabei nicht um guten Geschmack oder persönliche Gewohnheiten, nicht einmal um relegiöse Traditionen. Es geht um Geld. Es stört jene, die ein Interesse daran haben, dass dieses gigantische System rund ums Essen so komplex bleibt, wie es ist. Doch vor allem auch in Jerusalem weht ein neuer Wind. Dort wirken zwei sogenannte „grüne Rabbis“: Rabbiner David Rosen und Rabbiner Yonatan Neril. Beide sehen viele gesellschaftliche Probleme im Fleischkonsum begründet, verstehen ihre „grüne“ Sicht auf die Welt aber keinesfalls parteipolitisch. David Rosen sagt: „Die Fleischindustrie zerstört die Umwelt. Mehr als alle Verkehrsmittel zusammen. Also, wenn wir uns um unseren Planeten sorgen, dann sollten wir aufhören, Fleisch zu essen.“ Der mit 30 Jahren sehr junge Rabbiner Yonatan Neril vom Interfaith Center plädiert dafür, einen Schritt weiter zu denken. Er sagt: „Es braucht tief greifende Veränderungen. Die beginnen in uns. Wir müssen eine innere Zufriedenheit finden. Und wenn wir in der Lage sind, uns mit etwas zu verknüpfen, das größer ist als wir, mit dem Unendlichen, dann wird der Wunsch abnehmen, unsere Bedürfnisse mithilfe des Konsums und materieller Werte zu befriedigen.“

Zeit des Wandels

Journalistin trifft spirituelle Lehrerin: Vor einigen Tagen sitze ich mit Sabine Wolf in ihrem blühenden Lichtpunkt-Garten. Wir genießen die Sonne und grünen Salat mit Sesam und Rosenblütenblättern. Und wir reden. Über uns, innere und äußere Welten, Veränderung, Wandel und Stagnation. Sabine und ich kennen uns seit einigen Jahren, sind Freundinnen in großer Freiheit und sehr verschieden in der Welt unterwegs. Genau das inspiriert unsere Begegnungen. Hier ein paar Auszüge aus unserem Mai-Gespräch. Ich stelle meine Fragen. Sabine antwortet.

Panda rhei. Alles fließt. Und doch habe ich manchmal das Gefühl, manche Dinge ändern sich nie. Nicht in mir. Nicht durch mich. Und das nach 15 Jahren spiritueller Selbsterfahrung. Deshalb meine erste Frage: Glaubst du wirklich, wirklich daran, dass wir Menschenkinder zu wahrhaftiger Wandlung fähig sind? Noch in diesem Leben? JETZT?!

Ich habe nie an etwas anderes geglaubt. Und ich erinnere mich auch an keinen Menschen, der sich nicht in den letzten Jahren gewandelt und verändert hätte. Früher geschah dies in längeren Zeiten und mit geringerem Ausdruck. Heute geschehen Veränderungen in kürzeren Fristen und in größeren Sprüngen, einfach weil dies dem Zeitgeist entspricht. Wir können uns durch negative Einflüsse auf ungute Weise ändern und wandeln. Jeder von uns kennt mindestens einen Menschen in seinem Leben, der sich negativ gewandelt hat. Schau dir einfach nur die Politiker an, die vor ihrer Wahl glänzen und brillieren und nur wenige Jahre darauf abhängige, erschöpfte, verbissene Menschen sind. Und ebenso sind wir durch positive Einflüsse wandlungsfähig. Ich kenne, wenn ich mich unter meinen Lesern und Klienten umschaue, Hunderte von Menschen, die sich in den letzten Jahren sehr verändert und entwickelt haben. Natürlich ist der Mensch zu wahrhaftiger Wandlung fähig. Heute mehr denn je.
 
Was genau macht dich so sicher?

Die Erfahrung mit mir selbst, die eigenen Wandlungen in den letzten Jahren, eigene Veränderungen, die ich selbst vorher nie für möglich gehalten hatte, sowohl auf der emotional-mentalen Ebene, auf der seelisch-geistigen Ebene. Auch auf der grundlegenden unternehmerisch-wirtschaftlichen Ebene habe ich persönlich in den letzten Jahren galoppierende Veränderungen hingelegt und Entwicklungen erlebt.  Veränderung und Entwicklung sind keine Frage unseres menschlichen Willens, sondern eher eine Folge unserer Bereitschaft, den Impulsen des Alltags zu folgen, gleichgültig ob sie schmerzhaft sind und mitunter konsequentes Loslassen, Mut und Entschlossenheit fordern.
 
 
Es gibt gewollte und ungewollte Veränderungen. Die ungewollten kommen meist unverhofft und scheinen sich dann konsequenter und auch leichter durchzusetzen? Zack. Plötzlich bist du den Job los oder den Ehepartner, Freund, Geld, Gesundheit…. Das Schicksal macht da kein großes Federlesen. Dann reagieren wir zunächst panisch, doch meist kehren zugleich auch heilende Bewegung und Neuland ins Leben ein. Wenn wir jedoch selbst aus dem relativen Wohlstand heraus etwas verändern wollen, kann das gefühlt ewig dauern, um sich durchzusetzen. Das ist doch seltsam, oder? 
 
Ich finde es nicht seltsam, sondern eher logisch, denn was unser Verstand, unsere Vernunft, unser menschliches Ego will, kratzt zumeist nur an der Oberfläche und erreicht die tief liegenden Schichten unserer Persönlichkeit nicht. Doch um diese geht es. Sie sind es, welche jetzt Veränderung in unserem Leben wollen. Was du Schicksal nennst, ist unsere eigene geistige Absicht, der Weg unserer Seele und der Wille unseres höheren Geistes. Die Frage ist nicht „Wollen wir etwas verändern oder wollen wir nichts verändern“, sondern: „Wer von uns möchte etwas verändern: unser Ego? Unsere Seele? Oder unser Geist?“ In dieser Zeit haben die Seele und der Geist die größere Durchsetzungsfähigkeit gegenüber unserem menschlichen Verstand, einfach weil es die Zeit der großen Wandlungen und Veränderungen ist. Geist und Seele haben keine Angst vor Veränderungen, nur das Ego, der menschliche Verstand.
 
Schicksal als Chance sozusagen…

Was du Schicksal nennst, wenn etwas plötzlich hereinkommt, bedeutet nur, dass der eigene hohe Geist sich ins Leben einmischt und, dem Lebensplan entsprechend, Weichen stellt. Er beendet etwas, was unser menschlicher Verstand übersieht, unser Gewohnheitsgürtel ignoriert, unsere Bequemlichkeit niemals ändern würden. Damit befreit unser Geist unsere Seele aus der Gefangenschaft der so genannten menschlichen Vernunft, die zumeist eine gut verdeckte, tiefe Angst vor Veränderungen ist. Wenn die Seele aus ihrer Gefangenschaft befreit wird, macht sie sich selbstständig und bringt ihre Impulse in das Leben herein. Das ist es was Du als heilende Bewegungen bezeichnest.
 
Und die kann kann uns mitunter heftig durchwirbeln…

Die ungewollten Veränderungen sind sicherlich die erschreckendsten und schmerzhaften, gleichzeitig aber auch die kraftvollsten und effektivsten. Die Frage lautet nicht „Was passiert“, sondern „Wie gehen wir mit dem, was passiert, um?“ Und da gibt es viele Menschen, die sich in ihr Schneckenhaus zurückziehen und eine Opferhaltung annehmen, sich weiterhin auf der Ich-kann-nicht- und Ich-will-nicht-Ebene treiben lassen. Aber es gibt auch jene, die das Zepter ihres Lebens in die Hand nehmen und dem Wink des Schicksals folgen. Viele Menschen sind in solchen Augenblicken ihres Lebens in meiner Internetschule gelandet, zu mir gekommen. Solange es ihnen gut ging, war ich ihnen zu abgehoben, zu spirituell. Doch in dem Augenblick, da ihr Lebensweg erschüttert wurde, fanden sie plötzlich Zugang zu meiner Arbeit.
 
 
Immer mehr Menschen wollen, dass sich etwas ändert. Wenige scheinen zu verhindern, was die meisten wollen? Ich spiele auf globale politische Machtverhältnisse an. Dass ganz wenigen Menschen der meiste Reichtum auf dieser Erde gehört, ergibt doch keinen Sinn? 
 
Es gibt sehr wohl Sinn, dass wenige Menschen viel Macht auf Erden hatten, allerdings liegt dieser Sinn auf der seelischen und geistigen Ebene, nicht in der physischen. Dies entspricht dem alten Zeitgeist, da das Leben in der Armut, der Dunkelheit und der Trennung selbst der Sinn unserer Anwesenheit auf Erden war. Nicht umsonst gibt es Worte wie: „Not macht erfinderisch“ und „wenn wir nichts mehr zu verlieren haben, sind wir frei“. Sie deuten auf eine Weisheit und eine Kraft hin, die offensichtlich nur im verdunkelten Leben zu finden und zu entwickeln ist.
 
Unsere Seele ist durchaus in der Lage, sich trotz – oder gerade wegen – äußerer Gefangenschaft oder Armut, innerlich zu entwickeln und frei zu werden. Doch dafür braucht sie die Unterstützung des freien Geistes. Leidet jedoch das Ego in einer erklärten Opferhaltung unter äußeren Engpässen, kämpft das Ego im Außen gegen etwas an, dass es nicht beeinflussen und verändern kann, verpasst es im Inneren gleichzeitig die eigenen Chancen – nun, dann ist auch die Seele gefangen und nicht fähig, sich zu entwickeln. Hier stellt sich die Frage: sind das Ego und die Seele ein Team oder sind sie Gegner? In diesem Fall kommt der Augenblick, da unser höherer Geist eingreift, um die Seele zu befreien und den Lebensweg wieder flüssig zu machen.
 
Und wie können wir diese Verhältnisse wirksam beeinflussen oder kippen?

Es geht nach meiner Wahrnehmung nicht darum, die äußeren Kräfteverhältnisse wirksam zu beeinflussen und zu kippen, sondern darum, die eigenen inneren Machtverhältnisse zu erkennen und zu klären: das Ego, der menschliche Verstand, steht an 3. Stelle. An 2. Stelle steht die Seele und an 1. der hohe Geist. Sein Wille setzt sich durch.
 
Wenn viele Menschen aus der Opferhaltung herauskommen und aufhören, die wenigen Reichen zu beschimpfen und sie damit energetisch zu verschmutzen und ihren dunklen Geist zu stärken, dann würde sich die Welt schon verändern. Nicht die wenigen Mächtigen bringen viel Dunkelheit und Armut in diese Welt, sondern die vielen scheinbar Ohnmächtigen, in Wirklichkeit aber geizigen, missgünstigen, argwöhnischen, schimpfenden Bürger dieser Welt. Wir können die Welt nur in uns selbst verändern. Und wenn wir damit beginnen, werden wir erleben, dass es tatsächlich wirkt. Solange wir nach außen schauen sind wir gelähmt und unfähig weder sie noch uns zu bewegen
 
Was die tyrannischen Strukturen unserer Weltregierung und Weltwirtschaft angeht, so gibt es im Vergleich zu den letzten Jahrtausenden nur einen kleinen Unterschied, nämlich dass diese Strukturen nicht mehr im Geheimen wirken, sondern nun offen gelegt werden. Und genau diese Offenlegung ist ein sicheres Zeichen dafür, dass diese dunklen Strukturen am Ende sind und sich nicht mehr lange halten können. Allein wenn wir dies begreifen, können wir uns völlig entspannen und unseren Blick gelassen und aufmerksam auf das Licht in dieser Welt richten, das von Tag zu Tag stärker wird.
 
Veränderung ohne Chaos und Schmerz… Ist das möglich?
 
Natürlich ist Veränderung ohne Chaos und Schmerz möglich. Doch das setzt voraus, dass wir die Kapitel unseres Lebens, die sich erfüllt und erledigt haben, auch abschließen. Es setzt voraus, dass wir Dinge, Personen und Situationen loslassen, die unsere Entwicklung behindern. Genau das können – oder wollen – die meisten Menschen nicht. „Wenn es am besten schmeckt soll man aufhören.“ Die Frage, ob eine Veränderung chaotischer und schmerzhaft ist oder freudig und fließend, hängt vollkommen davon ab, ob unsere innere Trinität, der Geist, die Seele und der Verstand im Einklang miteinander sind, oder ob sich der Verstand gegen den Geist auflehnt und die Seele unterdrückt. Und tatsächlich ist dies noch bei vielen Menschen der Fall, selbst bei jenen die sich spirituelle engagieren.
 
 
Wir leben im vernetzten Informationszeitalter. Wer nicht vollkommen blöd ist, weiß zumindest, was dringend zu unterlassen wäre, um diesen Planeten nicht vollkommen zu ruinieren. Ob Wachstums- oder Zinspolitik, Atomenergie, Plastikindustrie, Meeresverschmutzung,  Massentierhaltung…. Dennoch machen Menschen – aufgeklärt, klug, mächtig und gebildet – die immer selben Fehler. Wie erklärt sich dieses kaputte Phänomen aus deiner Sicht?
 
Schon in der Frage und der Art, wie du sie stellst, spüre ich eine große Verbitterung und den fast zwanghaft anmutenden Fokus auf das Schlechte, das Böse, das Kranke und Ungute in dieser Welt, auf die ruinierenden Kräfte, die verschmutzenden und mörderischen Energien. Ich empfinde eher diese Art der Weltsicht als ein „kaputtes Phänomen“.
 
Diese Schattenseiten unseres Menschseins sind eine ganz natürliche Folge eines viel tausendjährigen Zyklus der menschlichen Entwicklung innerhalb stark verdunkelter Energiezonen. Dies ist ein evolutionärer Fakt, an dem wir nichts ändern konnten und können. Das bedeutet: Nicht nur der Mensch ruiniert, sondern die geistige Matrix, die energetischen Möglichkeiten, denen der Mensch in den letzten Jahrtausenden ausgesetzt war, war ruinös. Jetzt bezeichnest du den Menschen als Täter oder als blöd. Ich könnte auch sagen: der Mensch ist ein Opfer dunkler Zeitalter und aus dieser Opferschaft heraus versucht er immer wieder und auf verschiedenste Art und Weise, sich in Sicherheit zu bringen, Liebe und Respekt zu ergattern, sich Anerkennung und emotionale Lebensgrundlagen zu sichern, die er meint zu brauchen.
 
Ich bin davon überzeugt, dass die Anzahl der Menschen die du hier anklagst, sehr viel geringer ist, als die Anzahl jener Menschen die liebevoll auf diese Welt blicken und ihre ganze Kraft, Aufmerksamkeit und Hoffnung auf das Licht in dieser Welt lenken. Und genau dies wäre eine Lösung: würde die Hälfte der Menschheit nur 1 Stunde lang für das Licht auf dieser Erde beten oder sich aktiv auf ihr inneres Herzlicht ausrichten, dann würde schon bald keine kranken Phänomene mehr in dieser Welt geben.
 
Das Internet ist in der Lage das Gute und das Böse zu verbreiten und zu polarisieren. Es ist unsere Entscheidung, wohin wir schauen. Und dort, worhin wir schauen, entsteht Kraft. Das, was wir anschauen, verbindet sich mit uns. Meine Entscheidung: Ich schaue auf das Licht, auf die Liebe auf die Hoffnung – verbindet mich mit ihr und stärke sie dadurch in dieser Welt.
 
Was nährt Entschiedenheit und Mut? 
 
Die Liebe zu uns selbst, das Uns-selbst-so-sein-lassen-wie-wir-sind nährt Entschiedenheit und Mut. Denn dadurch entsteht die Einsicht, dass wir machtvoll sind und sehr wohl auf unsere eigene Welt und unsere Umgebung verändernd einwirken können.
 
 
Alle reden über Veränderung. In spirituellen Kreisen ist es geradezu schick. Doch Veränderungen wirklich, wirklich sichtbar und fühlbar zum Wohle aller im eigenen Leben zu manifestieren, gelingt vergleichsweise wenigen Menschen. Hast du dafür eine Erklärung?
 
Viele Menschen suhlen sich gern noch in der Opferhaltung. Es ist dies nach meiner Wahrnehmung einfach nur die bequemere Entscheidung, wenn sie vor der Wahl der Veränderung oder der Fortsetzung ihres Lebens stehen.
 
Dennoch, es gibt viel mehr spirituelle ernsthaft ambitionierte Menschen, die in Religion, Wissenschaft, Gesundheitswesen, Kunst, Kultur, Politik und selbst Wirtschafts- und Bankenwesen tätig sind und dort an der Wandlung eines sehr festgefahrenen Systems und an der Entwicklung neuer liebevoller Systeme arbeiten – nicht selten ohne Gefahr für ihr Leben, wie wir an einem der berühmtesten Verräter Amerikas, Ed Snowden, sehen können. Solange wir dies nicht sehen, ignorieren oder gar negieren, werden wir den alten dunklen Kräften dieser Welt noch anhängen – und gar nicht merken wie viel Lebensenergie uns allein dieser Fokus kostet.
 
Jeder Mensch ist in der Lage, sein eigenes Herzlicht so weit zu aktivieren, dass die eigenen Schlacken und die der Umgebung darin verbrennen können. Und dies ist wirklich im wörtlichen Sinne gemeint, denn genau das geschieht im Energiegefüge, der Kollektivaura, die uns miteinander verbindet. Und dies ist es, wobei ich den Menschen helfe: Ihr eigenes Herzlicht in seiner liebenden, reinigenden und verwandelnden Form zu entdecken und zu aktivieren. Und sie tun es. Und sie verändern dadurch sich und ihre Umgebung.
 
Deine spirituelle Arbeit basiert darauf, Menschen zu ermutigen, Veränderung zuzulassen. Woran arbeitest du gerade?
 
2007 entwickelte ich 21 Lektionen zum menschlichen Alltag. Sie haben hunderten Menschen geholfen, ihr Leben auf eine neue Weise zu verstehen und zu meistern. 2009-12 veranstaltete ich 11 tv-Seminare zu denselben Themen. Auch sie erreichten und veränderten viele Hundert Menschen. 2013 begann ich, 45 Schulungs-Webinare zu unserer geistigen Anatomie und zu den Möglichkeiten unseres geistigen Handelns zu geben.
 
Es war sehr viel – für viele fremd anmutender – Stoff in einer vergleichsweise kurzen Zeit. Er steht nun in meiner Internetschule zur Verfügung.
 
Nun habe ich das ET-Coaching entwickelt, das den Menschen in kleinen wöchentlichen Portionen die Möglichkeit gibt, eine grundlegend neue Sicht auf ihr Leben zu erlangen und auf verschiedensten Ebenen handlungs-und wandlungsfähig zu werden. Dieses einjährige Projekt richtet sich auf jene inneren Seelenkräfte aus, die auf die Wandlung warten und hierfür Unterstützung brauchen. Der spirituelle Wille ist an das Ego gebunden, kann also nicht viel ausrichten. Wahre Wandlung im Außen läuft über die zelluläre Wandlung im Inneren: die Veränderung unserer Zellprogramme und die neuronalen Strukturen. Auch die Wissenschaft hat dieses Phänomen inzwischen erkannt: Äußere Veränderung läuft nur über die Veränderung innerer Strukturen und Informationen, das heißt andere Glaubensmuster, anderer Fokus, andere Gedanken als bisher. Hier setze ich an.

Infos zur Arbeit von Sabine Wolf unter www.sabine-wolf-mediathek.de

Führungskräfte

Heute morgen lecker Frühstück mit Croissant und Henry David Thoreau (1817 bis 1862). Er prägte den Begriff des „zivilen Ungehorsams“. Thoreau war ein guter Beobachter und scharfzüngiger Rebell. Er liebte die Natur, lebte zwei Jahre in einem Blockhaus im Wald. Allein(s).
Beim Kaffee lese ich einen Beitrag von ihm. Er schrieb seinerzeit:

„Ein Anführer, der nur das jeweilige Gesetz anwendet, damit die Wünsche einer Mehrheit befolgt und dabei demütig einer Verfassung dient, die Ungerechtigkeiten gegenüber Minderheiten stillschweigend duldet, ist kein Anführer, sondern nichts weiter als ein Gefolgsmann.“

Ich notiere mir das Zitat.
Seitdem drängt sich noch ein anderes Wort meinem Denken förmlich auf: Führungskräfte. Ich kann nichts tun. Das Wort ist immerzu da. Offensichtlich will es betrachtet werden. Also versuche ich mich dem Begriff zu nähern. Führungskraft. Im spreche es laut.
Zwei Worte vereinen sich zu einer ganz neuen Ordnung. Obwohl im Detail kürzer und erst im zweiten Waggon, setzt sich das Wort Kraft in meinen Sprech-  und Denkexperimenten ganz dezent über den Begriff der Führung hinweg. So empfinde ich es. Die Führung gerät durch die Kraft am Ende fast ein wenig in Bedrängnis. Seltsam.
Einbildung? Mache ich das? Liegt es in der Natur der Sache?
Ich baue um: Kräfteführer.
Jep! Erleichterung. Ich mag das neue Wort. Für mich trägt es mehr Selbstbestimmung. Ich kann ihm leichter vertrauen.

Dennoch ist das alte Wort nicht verschwunden. Viele verschiedene Perspektiven tun sich auf. Die im gesellschaftlichen Sinne führen mich zu Bildern wie „Führungskräfteseminar, Chefetage und Gehaltsgruppe“  und weiter zu Fragen: Wer führt in dieser Welt eigentlich wen? Und wohin überhaupt? Wenn die Führer Kräfte sind? Was sind dann die Geführten? Kraftlose? Kann ich mich überhaupt noch frei entfalten, wenn ich von äußeren Kräften geführt werden muss? Was, wenn ich diese Kräfte als hinderlich empfinde? Oder mehr noch: als pervers?! Muss/kann/darf ich mich ihrer Führung dennoch fügen? Apropos Fügung. Kling sie der Führung nur zufällig so ähnlich?

Mit jedem neuen Gedanken wird es komplexer und innerlicher. Mit Worten kann ich dem nun nicht mehr folgen. Alles fließt ineinander und führt immer tiefer hinauf…
Kräfteführer am Werk.