Es geht um Menschenwürde

Ein trauriger Rekord der Bundesagentur für Arbeit. Die Quote der Sanktionen ist in einem Jahr auf mehr als 1 Million gestiegen. „Hartz IV setzt die Menschenwürde außer Kraft“, sagt Ralph Boes. „Man darf gar nichts wirklich tun, was man nicht liebt“, setzt er auf neue Kulturimpulse. Mit ihnen reist er vollbeschäftigt ehrenamtlich durchs Land und hält Vorträge. Die Landeszentrale für politische Bildung hält sein Engagement für wertvoll. Dennoch polarisiert der gebürtige Rheinland Pfälzer. Schon im September 2009 kandidierte der 55-Jährige in Berlin Mitte als parteiloser Direktkandidat für das Bedingungslose Grundeinkommen. Sein Brandbrief, den der Philosoph und Autor als offenen Brief sowohl an den Bundespräsidenten, die Bundeskanzlerin, die Bundesministerin für Arbeit und Soziales und an die für ihn zuständigen Obrigkeiten in den Arbeitsämtern sandte, hat zu überraschenden Konsequenzen in der Auseinandersetzung geführt. Ralph Boes strebt darin an, das aus seiner Sicht in jeder Weise grundgesetzwidrige Sanktionssystem in Hartz IV über eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe zu stoppen. Hierzu hat er begonnen, den dafür notwendigen Präzedenzfall zu schaffen, indem er sich selbst offen in die Schusslinie aller Sanktionen stellte. Der ehemalige Ergotherapeut lebt zivilen Ungehorsam. „Ich möchte, dass man an mir sieht, was an anderen an sozialer Ausgrenzung verübt wird“, so Boes. Als Hartz-IV-Empfänger lehnte er unsinnige Angebote des Jobcenters ab, verließ die Stadt unerlaubt und wurde schließlich bis zu 90 Prozent sanktioniert. Mit nur 37,40 Euro, die ihm daraufhin zum Leben blieben, begann Boes sein Sanktions-Hungern, um damit auf seine Forderungen aufmerksam zu machen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, erinnert er an Artikel 1 des Grundgesetzes. Fast vier Wochen hat der Wahl-Berliner gehungert. Dann schließlich hat das Job-Center zwei Drittel der Sanktionen gegen ihn zurückgenommen.