Nomen est Omen

Alles und jeder hat einen Namen. Sprache verbindet. Hinter Namen und Buchstaben wirken Bilder, die uns etwas zu zeigen vermögen. Diese kollektiven Bilder wirken, auch wenn wir uns dessen gar nicht bewusst sind. Über Werte, Gaben und Herausforderungen, die Vor- und auch Produktnamen als Botschaften in sich tragen, sprach ich mit dem Sprachforscher und Pädagogen Joachim Schaffer-Suchomel.
Wir sprechen heute über das Wir-Gefühl, die Vision, Wirtschaft und Gesellschaft zum Wohle aller auf eine höhere Bewusstseinsebene zu heben. Welchen Einfluss hat Sprache auf diesen Prozess?
Sprache ist ein Mittel, uns der Dinge überhaupt erstmal bewusst zu werden.
Durch Sprache sind wir in der Lage, etwas auszusprechen – Unausgesprochenes zu formulieren und damit in eine Form zu bringen. Ich arbeite seit vielen Jahren in Unternehmen zum Thema Werte und Leitbildentwicklung. Diesbezüglich gibt es in unserer Wirtschaft eine sehr hohe Nachfrage. Menschen können über Sprache Gemeinsamkeiten feststellen. Um Werteprofile zu entwickeln, ist Sprache als Werkzeug die Nummer 1. Oft sprechen Menschen wichtige Punkte einfach nicht aus. Sehen Sie hier zum Beispiel die Verbindung zwischen ‚gut’ und ‚ausgesprochen gut’. Wenn wir etwas aussprechen, stellen wir uns eigenen klaren Ansprüchen. Keiner der Beteiligten ist mehr auf unbewusste Erwartungen angewiesen, die in einer Kommunikation oft in die Irre führen. Durch Ausdruck entsteht Klarheit. Wenn wir die Angst loslassen und bereit für die Konsequenzen sind, die eine solche Ansage auslösen kann, dann wird das Leben leichter.
Du sagst, mit jeder Nominierung wir die Tür zu einem großen Schatz geöffnet, den jeder von uns in sich trägt. Wie können wir diese Schätze erkennen und heben?
Schau, wenn wir ein Wort sehen oder hören, verbinden wir damit Gefühle und Emotionen. Es gibt kein Wort ohne Emotion. Wir sollten uns darüber bewusst werden, welche Türe wir mit welchem Wort öffnen. Buchstaben haben eine eigene Schwingung und Bedeutung. Das O zum Beispiel ruft ein rundes Gefühl hervor, das kleine i mit seinem Punkt sieht aus wie eine brennende Kerze, es bedeutet Intuition, das aufrechte große I steht für Selbstbewusstsein. Wir sind uns dieser Bilder, die wirken, oft nicht bewusst. Wir sollten sie mit einbeziehen, wenn wir künftige Namen entwickeln.
Du berichtest in deinen Büchern und Vorträgen auch über Erfahrungen mit Namensdeutungen im Berufs- und Gesellschaftsleben. In Teams zum Beispiel. Der Vorname eines Menschen erzählt etwas über seine Stärken und Schwächen. Richtig?
So ist es. Sie können die Facetten eines Menschen besser erkennen. Etwas zu erkennen, ist die Voraussetzung für Anerkennung und Wertschätzung. Die Namensdeutung in Teamarbeit und Mitarbeiterführung ermöglicht das Erkennen, Orten und schnelle Unterscheiden von negativen und positiven Resonanzen, also Abneigungen und Vorlieben in der Kommunikation mit Menschen. Wenn wir die Eigenheiten unseres Gegenübers besser verstehen, können Gespräche sachlicher statt oft emotional aufgeheizt verlaufen. Je mehr wir über anderen wissen, je mehr sind wir in Kontakt – sozusagen im Takt der anderen. Im Takt ist alles intakt.
Ein Beispiel…
Ein Mensch, mit einem e im Namen wird immer etwas extrovertierter sein. Ein Udo hingegen kann auch schon mal einfach verschwinden. Auch im Volksmund haben sich viele Essenzen niedergeschlagen. Da gibt es zum Beispiel den „Hans im Glück“ oder den Ausspruch „Alles Roger?“ Das sind Hinweise. Die verborgenen Botschaften der Vornamen von A bis Z habe ich in meinen Büchern „Nomen est Omen“, „Sage mir deinen Namen und ich sage dir wer du bist“ ausführlich beschrieben.
Du hast einen Ratgeber darüber geschrieben, worauf Menschen bei der Namensfindung ihrer Produkte, Unternehmen und Websites achten sollten. Was sind wichtige Kriterien?
Unternehmer sollten bei allen Produktnamen recherchieren, wo der Name herkommt. Auch Übersetzungen sollten gecheckt werden. Damit werden Pannen vermieden, von denen es vor allem in der Autoindustrie einige gibt. Wenn jemand, wie Mitsubishi, einen „Pajero“ verkaufen will und das heißt im Spanischen in der Vulgärsprache übersetzt „Wichser“, wird es wohl kaum ein Erfolg werden. Auch die mythologische Bedeutung kann hilfreich sein und Aufschluss geben. So verhindern Menschen, dass Sie sich unbewusst an etwas Falsches anschließen. Höre auf den Klang. Und schaue, ob die Bilder, die der Name des Produktes bei dir auslöst, mit dem übereinstimmt, was du aussenden willst.
Wir sollten die Namensgebung also nicht dem Zufall überlassen?
Ich bin sicher, in erster Linie entscheidet das Gefühl. Im Zufall fällt uns das zu, was uns und zu uns gehört und unserer Bestimmung entspricht. Im Zufall liegen viele Chancen und Möglichkeiten. Sie sollten achtsam sein und nicht einfach wild in den Wortschatz greifen. Es gibt ein Beispiel in Amerika, wo nach dem Disney-Film plötzlich viele Eltern ihre Kinder „Nemo“ nannten. Das heißt übersetzt „kein Mensch“. Dies ist natürlich eine Katastrophe. Manchmal knüpfen Eltern auch unbewusst sehr hohe Erwartungen an ihr Kind. Ich kenne einen Fall im Bekanntenkreis, da haben Eltern ihr Kind Cäsar genannt. Da erwartet man schon einen kleinen König. Das kann für ein Kind schwierig werden. Aber ansonsten ist es völlig in Ordnung, seiner Intuition zu folgen.
Sprache ist oft die Quelle vieler Missverständnisse. Wir leben in einer globalen Welt. Es wimmelt von Geschäftsbeziehungen – viele verschiedene Sprachen, Mentalitäten und Traditionen. Diese Fülle scheint Segen und Fluch. Welche Sprache kann all das friedlich verbinden?
Alle Sprachen hängen miteinander zusammen. Wir brauchen einfach nur mehr Verständnis füreinander. Ich kann mich erinnern, dass ich als Kind viel in Italien war  – dort haben wir mit den anderen Kindern gespielt und uns ganz natürlich über Mimik und Gestik verständigt. Die verschiedenen Sprachen sind nicht wirklich das Problem. Jeder braucht seine eigene Sprache, um authentisch zu sein. Miteinander brauchen wir Verständnis und Mitgefühl.
Was macht dich persönlich sprachlos?
Eine Entwertung innerhalb unserer Gesellschaft macht mich manchmal sprachlos – wenn ganze Unternehmen in die falsche Richtung laufen, wenn Politiker zu Lobbyisten und Schnäppchenjägern werden, wenn wir uns durch schlechte Nahrungsmittel gesundheitlich zu Grunde richten… Deshalb sind Werte und Leitbildentwicklungen für alle so wichtig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert